Infobrief 66

Offenes Kreistreffen am 04.02.23

Liebe Mitglieder, Interessenten und Freunde des Vereins der Kreis e.V.

Wir begrüßen euch im Neuen Jahr 2023. Möge es für uns alle und für die Welt, ein friedvolles Jahr werden

Unser Jahresthema:

Werte/ Wertebildung/Sinnsuche/ Was wir im Leben weitergeben wollen.

Hildegard berichtete über das Leben von Victor Emil Frankl.

Hier ihr Vortrag:

Lebenssinn

Bei unseren Offenen Treffen im Kreis e.V. verständigen wir uns auch darüber, was uns das Leben lebenswert macht.

Elisabeth Lukas, eine Schülerin von Viktor E. Frankl, druckte in ihrem Büchlein-Wertfülle und Lebensfreude- das folgende Gedicht einer Gymnasialschülerin ab.

Mein Leben dauert ewig

und doch nur kurze Zeit,

hat keinerlei Bedeutung

in der Unendlichkeit.

Ohne Ziel, ohne Sinn,

ich lebe einfach vor mich hin,

weil ich überflüssig bin.

Die Jungen, wie die Alten.— Leben wir nur vor uns hin, weil wir überflüssig sind?

Wie wertvoll doch die Initiationsreisen, die Visionssuchen der jungen Menschen sind! Visionssuchen, die den jungen Menschen zeigen, dass sie nicht überflüssig sind! Dass das Leben sie braucht!

Auf der Spurensuche nach Erfüllung und Lebenssinn begleiten sie die Älteren, die Mentoren, während der Visionssuche und dann noch ein Jahr lang, auf ihrem neu gefundenen, sinnerfüllten Weg ins Erwachsenenleben.

<Wir Menschen brauchen Sinn, brauchen ihn mehr als Brot zum Leben. Denn was nützen uns die Güter der Welt, wenn wir uns leer, überflüssig und an die Absurdität eine Chaos ausgeliefert fühlen, in keinen Sinnzusammenhang eingebettet, von nichts getragen, in nichts geborgen, ohne Herkunft und Endziel unterwegs?< (Elisabeth Lukas/Wertfülle und Lebensfreude)

In dem Büchlein: -Sehnsucht nach Sinn/ S 49- beschreibt Elisabeth Lukas, dass Tiere im Zirkus länger leben, als Tiere im Zoo.

Die Tiere im Zoo haben keine Aufgabe. Sie bekommen ihren Lebensunterhalt geschenkt. Es stellt sie nicht zufrieden und macht sie krankheitsanfällig.

<Nicht einmal im Tierreich genügt es offenbar , bloß versorgt zu sein-um wieviel wichtiger ist es dann für ein geistiges Wesen wie den Menschen, über alles versorgt sein hinaus, etwas zu erkennen, für das man selber sorgt, für das man Sorge trägt, auf dass es sich verwirklicht und seinen Sinn in der Welt erfüllt.< (Elisabeth Lukas/Sehnsucht nach Sinn S. 49)

„Wer um einen Sinn seines Lebens weiß, dem verhilft dieses Bewusstsein mehr als alles andere dazu, äußere Schwierigkeiten und innere Beschwerden zu überwinden“, sagt Viktor Frankl.

Das Anliegen Viktor Frankls war es, der Verneinung des Lebens entgegenzuwirken und Aspekte ins Bewusstsein zu heben, die für eine Sinnhaftigkeit des Lebens sprechen.

Auch für die Sinnhaftigkeit in Krankheit, Leid und sogar im Angesicht des Todes.

>Man muss sich von sich selbst nicht alles gefallen lassen“>, umschrieb Frankl diese von ihm selbst entdeckte „Trotzmacht des Geistes“:

Er begründete die Logotherapie. eine Psychotherapie, die Menschen in Lebenskrisen und bei psychischen Problemen kompetente Hilfe leistet. Sinn suchende Menschen erfahren durch die Logotherapie eine Begleitung, die ihnen hilft, Sinn im Leben zu entdecken und zu verwirklichen.( aus dem Internet)

>Logotherapie ist die Kunst des Therapeuten gemeinsam mit den Patienten nach demjenigen Ausschau zu halten, was diesen geistig fordert, was diesen ethisch anspricht, was auf ihn wartet, was darauf wartet, von diesem erfüllt zu werden: nach dem Logos- dem Sinn in dessen Leben.> (Aus: Sehnsucht nach Sinn S 146)

Wer war dieser Mann, der uns eine neue Art des Denkens, eine neue Art des Lebenssinns lehrte?

Viktor Emil Frankl wurde am 26 März 1905 als zweites von drei Kindern in Wien geboren.

Während des ersten Weltkrieges musste er auf Bauernhöfen um Brot betteln. Er lernte somit schon als Kind die Not kennen.

Er beschäftigte sich in seiner Gymnasialzeit mit Naturphilosophen, angewandter Psychologie und Psychoanalyse. In späteren Jahren hatte er persönliche Kontakte zu Kapazitäten wie Sigmund Freud, Wilhelm Reich und Alfred Adler, mit dem er sich allerdings später verwarf.

Mit 15 Jahren hielt Frankl seinen ersten öffentlichen Vortag über den Sinn des Lebens. Immer wieder hielt er Vorträge im In und Ausland. Er wurde durch viele seiner Fachveröffentlichungen weltweit bekannt.

Nach Beendigung der Gymnasialzeit studierte Frankl Medizin und begann seine medizinische Laufbahn an einer Neurologischen Klinik.

Nach dem Anschluss von Österreich ans Deutsche Reich ( 1938) musste Frankl, da er Jude war, den Namen Israel annehmen und wurde nur noch als Fachbehandler bezeichnet.

1940 wurde er Leiter der Neurologischen Station im Rothschild Spital.

Er sabotierte unter Lebensgefahr die angeordnete Euthanasie von „Geisteskranken“.

Frankl heiratet Tilly Grosser, eine Krankenschwester des Rothschildhospitals.

Seine Geschwister konnten flüchten und dem Naziregime entkommen.

Er selbst wurde 1942, zusammen mit seinen Eltern und seiner Frau nach Theresienstadt deportiert. Sein Vater verstarb dort.

1944 kamen Frankl, seine Frau und seine Mutter nach Ausschwitzt. Beide wurden dort „vernichtet“.

Viktor Frankl kümmerte sich in den Lagern um die psychologische Betreuung der Internierten.

1945 kam er in ein Arbeitslager und wurde dort von US Truppen befreit.

1947 heiratet er Eleonore Schwindt. Im Dezember desselben Jahres wurde eine Tochter geboren.

Er wurde Dozent für Neurologie und Psychiatrie an der Universität Wien.

1955 ernannte man ihn zum Professor.

Am zweite September 1997 verstarb er an Herzversagen.

Ihm war ein langes, sinnvolles Leben vergönnt.

Seine Lebensgeschichte zeigt, dass Viktor Frank das Leid in seiner Gänze kennenlernte.

Er hätte durchaus Grund gehabt zu zerbrechen oder zu verbittern.

Doch er lebte uns einen anderen Lebenssinn vor. Den Sinn: Trotz Alledem!

Ein Satz von ihm: „Das Leiden macht den Menschen hellsichtig und die Welt durchsichtig“.

Die Frage nach dem Warum bringt uns auf eine falsche Fährte.

Frankl schreibt: >Das Leben selbst ist es, das dem Menschen Fragen stellt. Er (der Mensch) hat nicht zu fragen, er ist vielmehr der vom Leben her Befragte, der dem Leben zu antworten- das Leben zu ver-antworten hat. Die Antworten aber, die der Mensch gibt, können nur konkrete Antworten auf konkrete Lebensfragen sein.>

Nicht das Fragen ist unsere Sache, sondern das Antworten.

Nicht das Warum ist relevant für uns, sondern das Deshalb.

Die Antwort ist unser. Die Antwort ist frei. (Aus: Sehnsucht nach Sinn)

>Wie der Humor irrationale Ängste verscheucht, so sprengt der Trotz, und zwar der gesunde, heroische Trotz, Fesseln selbstbereiteter Gefangenschaft.> ( Aus: Sehnsucht nach Sinn.S 133)

Was geschähe, wenn es keinen Tod gäbe? Dann könnte man jede Handlung ins Unendliche aufschieben—-Es bestünde keine Notwendigkeit, etwas heute zu erledigen—-Einzig die Begrenztheit des Lebens zwingt uns, was immer wir erledigen wollen, zu erledigen. (Aus: Sehnsucht nach Sinn. S 38)

Dazu Frankl: Der Tod macht das Leben nicht nur nicht sinnlos, er macht es sogar erst sinnvoll. Denn die Lebensverantwortung eines Menschen ist nur zu verstehen in Hinblick auf Zeitlichkeit und Einmaligkeit.> ( Aus: Sehnsucht nach Sinn. S 39)

An einem Beispiel aus dem Buch Sehnsucht nach Sinn, will ich die Arbeitsweise der Logotherapie aufzeigen.

Frau Lukas berichtet in ihrem Büchlein von einer Krankenschwester aus ihrer Station.

Die Patientin wurde operiert. Der Tumor erwies sich als inoperabel. Die Krankenschwester verzweifelte vorwiegend über ihre Arbeitsunfähigkeit, da sie ihren Beruf sehr liebte.

In einem Gespräch mit der Patientin versuchte Frau Lukas ihr klarzumachen: < So arbeitswillig sein wie sie und dabei so arbeitsunfähig- und trotzdem nicht verzweifeln-, das wäre eine Leistung.<

Sie fragte die Patientin. ob sie nicht Unrecht begehe, wenn sie so tue als sei das Leben eines Kranken, eines Siechen, sinnlos?

Sie sagte zu ihr: „Wenn sie bisher all den Menschen gegenüber, die ihnen anvertraut waren, nichts anderes leisten konnten als dienstlichen Beistand, haben sie nunmehr die Chance, mehr zu sein: menschliches Vorbild. ( S 47 Sehnsucht nach Sinn)

Manchmal hilft es uns im Leben, wenn wir den Blickwinkel ein wenig verschieben.

Eine Erfahrung aus meiner Medizinwanderung:

Es war ein kalter Januartag. Ich ging über die Schwelle. Brrrr. Ich fror! Wieder einmal hatte ich nicht gut genug für mich gesorgt, aber ein Zurück gab es für mich im Moment nicht.

Es zog mich zur Hutzelstraße. Über den Bergkamm wanderte ich gen Westen.

Noch gab die Morgendämmerung den Tag nicht frei.

Ich blieb nachdenklich stehen, schaute in die Weite und drehte mich um, Richtung Osten.

Da erwartete mich ein großartiges Schauspiel der Natur.

Glutrot stieg die Sonne auf und tauchte den Wald gegenüber in ein „brennendes Flammenmeer“.

Froh gestimmt, die Kälte vergessend, stapfte ich in den Tag. Dem nie enden wollenden glutroten Flammenmeer entgegen.

Der Austausch nach diesem Vortrag war sehr intensiv.

Hier nur einige der Überlegungen:

  • Die Logotherapie ist in einer Zeit der „Dunkelheit“ entwickelt worden.

Müssen glückliche Leben auch nach dem Lebenssinn fragen oder sind sie glücklich, weil sie ihrem Ruf im Leben folgten?

Geht, es, dass wir glücklich sein können wenn ringsum in der Welt, Krieg Hass und Elend ist?

  • Naturvölker stellen sich die Frage nach dem Lebenssinn nicht. Sie sind im Einklang mit dem Kreislauf der Natur und verbunden in Gemeinschaft.
  • Die Frage nach Sinn ergab sich durch den Individualismus, der auch das Gefühl von nicht geliebt sein verursachen kann.
  • Wenn ich Löcher zu schnell aufmache, schwappt die Gesellschaft über mich hinweg.
  • Initiationsreisen sind Logotherapie pur.
  • Wir sprachen über den aktuellen Krieg.
  • Ein TN. berichtete über den Einsatz seines Sohnes im Fechenheimer Wald. Der Sohn setzt sich durch die Waldbesetzung aktiv für den Klimaschutz ein. Wie enttäuschend, dass die stattlichen Bäume doch gefällt wurden.

Beate hatte den Vorschlag gemacht, zu einer Mini Medizinwanderung in die Natur zu gehen. Mit der Frage:

Dem Leben zu lauschen, auf seine Fragen und selbst eine Antwort zu sein

Wir hatten so intensiv geredet, dass uns die Zeit nicht mehr ausreichte und jeder, privat, mit dieser Frage unterwegs sein wird.

Das nächste Kreistreffen ist am 1 April.

Schöne Zeit, euch Allen

Hildegard